01.11.2002
Notiz zum Weinerzeuger: Niepoort Vinhos
Quelle: Diners Club Magazin (DE) - 11/2002

Im November vor dem Kamin - Weine zum Trinken, zum Lernen, zum Lesen

Weinkolumne von Helga Baumgärtel
Zum Trinken: Portwein
An tristen Novembertagen wird er wahrlich zum Seelentröster, dieser mollig-süße Wein im offenen Tulpenglas, besonders, wenn ihm ein knisterndes Kaminfeuer im Hintergrund rubinfarbene Lichtreflexe aufsetzt. Portwein - Synonym für Wärme, Behaglichkeit, für ein anregendes Gespräch bei einer guten Havanna. Very british jedenfalls. Und natürlich waren's die Engländer, die den Port aus der Taufe gehoben haben. Als sie sich mal wieder mit den Franzosen herumschlugen - so um das Jahr 1660 - und damit ihre Bordeaux-Weinquelle versiegt war, verschifften britische Händler in Porto Weine aus dem Douro-Tal als Ersatz gen England. Zur besseren Konservierung für die lange Reise setzte man den Weinen bis zu 20 Prozent Destillat zu.
Gute 300 Jahre später wurde ein anderer Star geboren. Denn Dirk van der Niepoort ist so etwas wie der Mittelpunkt der jungen portugiesischen Weinwelt. Fünf Sterne als Höchstbewertung vergab das britische Magazin »Decanter« gerade dem Niepoort ›Vintage 2000‹. Von den neuen Rotweinen, die Tausendsassa Niepoort seit 1987, seinem Eintritt in das 160 Jahre alte Familienunternehmen, ebenfalls macht, reden wir erst gar nicht. Jedenfalls hätten wir uns keinen besseren Moderator für Port wünschen können, als diesen 38 Jahre jungen Global Player. Los geht's:
DCM: Ganz kurz: Wie entsteht Portwein?
Niepoort: Das Wichtigste ist seine Wiege, das Anbaugebiet Douro mit seinen Schieferböden, Steilhängen etc. Ansonsten wird Port wie Rotwein gemacht. Mit dem Unterschied, dass man die Gärung stoppt, indem man Weinbrand hinzugibt und somit die Süße erhält und den Wein auf 20 Volumenprozent Alkohol bringt.
DCM: Ein wenig Typologie: Was unterscheidet einen Ruby vom Tawny, einen Vintage vom LBV?
Niepoort: Grundsätzlich sind die Unterschiede
an der Farbe zu erkennen. Ruby = Rubinfarbe und ist somit kürzer im Fass gewesen und jünger abgefüllt. Tawny = Bernsteinfarbe, das heißt, der Wein ist oxydativ ausgebaut und länger im Fass gelagert. Einen Vintage lässt man zwei bis drei Jahre im Fass reifen. Ein LBV (Late Bottled Vintage) ist zwischen vier und sechs Jahre im Fass.
DCM: Was ist nun der Wertvollere: ein Vintage oder ein LBV?
Niepoort: Eindeutig der Vintage, der nur in ganz speziellen Jahren gefüllt wird. LBVs sind in der Regel kommerziellere Weine.
DCM: Sind alle Ports süß oder gibt es auch trockene?
Niepoort: Überwiegend sind Ports süß, trocken sind eher die weißen Ports.
DCM: Sind Jahrgänge wichtig und welche waren die besten?
Niepoort: Jahrgänge sind äußerst wichtig. Die besten waren: 2000, 1997, 1994, 1987, 1977 und 1970.
DCM: Wie alt kann ein Port werden?
Niepoort: Sehr, sehr alt. Über 100 Jahre sind keine Seltenheit.
DCM: Soll man Port dekantieren?
Niepoort: Unbedingt!
DCM: Wie lange hält sich überhaupt eine geöffnete Flasche?
Niepoort: Die Faustregel lautet: Je länger der Port im Fass gelagert war, umso länger hält die geöffnete Flasche. Das heißt konkret: Ein Ruby war nur kurz im Fass und sollte dementsprechend schnellstens geleert werden. Ein Tawny hingegen hält sich geöffnet wochenlang.
DCM: Wozu trinkt man Port?
Niepoort: Klassisch natürlich zu Weichkäse. Aber auch zum Apfelstrudel - überhaupt zu allen Desserts mit Nüssen und Äpfeln.
DCM: Welcher Port-Typ ist gerade in Mode und eignet sich zum Verschenken?
Niepoort: Ich mag generell unsere LBVs - zum Beispiel den 97er -, die einfach ein gutes Preis-Qualitäts-Verhältnis haben. Aber aktuell etwas Besonderes ist natürlich der ›Vintage 2000‹, der beste Port, den ich je gemacht habe. Seit September gibt es ihn auch in Deutschland.
P.S. Trotz aller Elogen hält sich Niepoort sicher nicht für den Größten. Denn auf die Frage, welche drei Weine er mit auf eine einsame Insel nehmen würde, sagte er spontan: „Zum Beispiel einen Vintage-Port von Taylors 1948.” Na bitte!

[af]

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