Etwa 600 km von der Küste Marokkos entfernt und knapp 850 km von Portugal entfernt im Atlantik gelegen, ist das auch als „Grüne Blumeninsel“ bekannte Madeira (portugiesische Bezeichnung für Holz), die Heimat einiger der weltweit feinsten Koch-, Dessert- und Apertifweine. Madeira ist ein schwerer, alkoholreicher Likörwein, dessen Besonderheit die Lagerung in beheizten Kellern (Estufas) ist. Bei der Estufa-Behandlung handelt es sich um einen Reifeprozess des Madeiras mithilfe von natürlicher Wärme oder einer künstlichen Erhitzung, bei der die Temperatur zwischen 40 und 50° C betragen kann. Während vor Jahrhunderten der Madeira grundsätzlich im Laufe einer Schiffsreise unter der dabei entstandenen Wärme, Temperaturschwankungen und Luftfeuchtigkeit im Schiffsrumpf reifte, wird dieser Vorgang heute mit Wärmebehandlung simuliert. Qualitätserzeuger wie zum Beispiel Justino Henriques, dessen Tradition sich bis ins Gründungsjahr 1870 zurückverfolgen läßt, lagern ihre gehobenen Weine nach wie vor für viele Jahre im Fass unter dem Dach ihrer Läger ein uns setzen sie so der natürlichen Sonneneinwirkung und anderen Wetterauswirkungen aus. Für einfache Qualitäten ist es den Produzenten dagegen erlaubt, technische Hilfsmittel wie beispielsweise durch Tanks und Fässer geführte Heizschlangen einzusetzen oder die Lagerung von Madeiras in einem über einen langen Zeitraum künstlich erwärmten Lagerraum, den „armazens de calor“. Auch nach der Erhitzung können die Weine weiter reifen. Entweder läßt man sie individuell reifen und verschneidet sie dann miteinander oder man läßt sie wie Sherry durch ein Solera-System laufen. Die über Jahre in großen Eichenfässern gealterten Weine aus der roten Rebsorte Negra Mole und den weißen Sercial, Verdelho, Boal und Malvasía sind hervorragende Begleiter der gehobenen Küche und international für ihre Qualität geschätzt. Rebsortenreine Madeiras müssen nach dem portugiesischem Weingesetz mindestens 85 Prozent einer Rebsorte enthalten. Auf dem Etikett sind neben den Angaben zu den Zuckergehalten „dry“ und „sweet“ verschiedene Altersangaben zu finden, die sich alle auf das Alter des Weins nach der Erhitzung beziehen: So ist mit der Bezeichnung „Fine“ ein dreijähriger Verschnitt gemeint und mit „Reserva“ ein fünfjähriger Verschnitt, der mindestens zum Teil eine Estufa-Behandlung im Tank hinter sich hat. Bei einer „Special-Reserve“ oder „Old Reserve“ handelt es sich um einen Madeira, dessen jüngste Verschnittkomponente ein Alter von zehn Jahren hat und dass dieser Wein in der Regel ohne Estufa-Behandlung im Fass gereift ist und zumeist aus den edlen Rebsorten Sercial, Verdelho, Bual und Malvasía hergestellt wurde. Bei einer „Solera“ mit Datum muss der Wein mindestens fünf Jahre ein Solera-System durchlaufen haben und ein „Vintage“ muss vollständig aus dem angegebenen Jahr und ausschließlich von einer der vier noblen Sorten stammen und vor dem Verkauf mindestens 20 Jahre im Fass sowie zwei Jahre in der Flasche gereift haben. Drei- bis fünfjährige Madeiras eignen sich besonders gut als Aperitif; zehn Jahre alte Madeiras werden traditionell gerne zu Käse, zu einem Dessert oder als krönender Abschluss eines besonderen Essens gereicht. Wichtig ist, dass man Madeiras grundsätzlich nach dem Öffnen ein wenig Zeit zum Atmen geben sollte, damit sich eventuelle Flaschengerüche verflüchtigen können. Ein trockener Madeira schmeckt leicht gekühlt am besten. Süße Madeiras serviert der Kenner bei Zimmertemperatur. Von großem Vorteil ist, dass eine einmal geöffnete Flasche Madeira fast unendlich lange haltbar bleibt und somit über lange Zeit mit Genuss getrunken werden kann. Gealterte Madeiras gehören zu den begehrtesten Weinraritäten der Welt. Die traditionellen Sortenbezeichnungen beziehen sich auch auf die Süße des fertigen Weins. So weist Sercial einen Zuckergehalt von 8 bis 25 g/l auf, Verdelho von 25 bis 40 g/l, Bual von 40 bis 60 g/l, Malmsey von 60 bis 120 g/l. Bei der Erzeugung lassen hauptsächlich zwei unterschiedliche Verfahren unterscheiden. Die beiden süßeren Sorten, Bual und Malmsey, werden auf den Schalen vergoren (Maischegärung), während die anderen wie Weißwein ohne ihre Schalen vergären. Die Gärung erfolgt entweder im Fass oder in Eichen- oder Zemtenbottichen. Nach dem Gärprozess erfolgt das oben beschriebene Erhitzungsverfahren.