18.03.2002
Notiz zum Wein: Redoma Branco / 2000
Quelle: FAZ Sonntagszeitung (DE) - 3/2002

Weinkolumne von Stuart Pigott

Es war ein perfekter Sommertag, als ich den 28 Jahre alten Dirk van der Niepoort auf einer Tour durch das Vinho-Verde-Anbaugebiet zwischen dem portugiesischen Porto und der spanischen Grenze im Norden begleitete. Wir fuhren durch grüne, sanft gewellte Hügel, hielten hier und dort an, immer auf der Suche nach Trauben, mit denen Niepoort ein neuartiger trockener Weißwein gelingen sollte. Er stellte ihn sich viel ausdrucksvoller und kräftiger als einen typischen Vinho Verde vor, doch mit vergleichbarer Frische. Das liegt jetzt zehn Jahre zurück, und es dauerte einige Jahre, bis Niepoort endlich im Douro-Gebiet, der Heimat des Portweins, fündig wurde, dann weitere Jahre, um die Art des Ausbaus zu vervollkommnen. Mit dem ›2000er Redoma Branco‹ hat er jetzt sein Ziel erreicht. Obgleich voll, kräftig und mit spürbaren Eichenaromen, zeigt der ›2000er Redoma Branco‹ doch nichts von der "Süße", die den meisten mächtigen, holzbetonten trockenen Weißweinen durch hohen Alkohol- und Glyzeringehalt eigen ist. Er schmeckt ganz im Gegenteil richtig herb und zeichnet sich durch ein kräutrige Frische aus, die ihm eine gewisse Leichtigkeit verleiht. Für einen Wein aus dem Douro-Tal ist das erstaunlich, da die Temperaturen im Sommer of mehr als 40 Grad betragen, wodurch Portwein seine satte Fülle gewinnt, die Frische in weißen Trauben aber förmlich verbrennt. Die Erklärung für dieses Rätsel lautet, daß die Weinberge, aus denen der ›Redoma Branco‹ stammt, hoch oben im Tal liegen, wo das Klima wesentlich kühler ist als weiter unten am Fluß. Und nur ein Freigeist wie Niepoort erkannte das Potential dieser alten Reben aus einheimischen Sorten: Codega, Rabigato und Viosinho.

[af]

Druckversion