FAST ALLES ÜBER WEIN - Wissenswertes über Weine aus Spanien und Portugal und dem Rest der Welt - 30.04.2024, 18:23
http://www.fast-alles-ueber-wein.de/notiz_print.php?ID=411

Notiz zum Weinerzeuger: João Portugal Ramos Vinhos

Quelle: Vinum (DE/FR/ES) - 4/2003
Vinum: Reben und Rebhühner 01.04.2003

Portrait - Von Thomas Vaterlaus
Reben und Rebhühner

Was liebt er eigentlich mehr, den Wein oder die Wildvögel? Wenn er Gäste bewirtet, zu Hause in seiner grosszügigen, weiss getünchten Villa in Estremoz, spielen beide eine zentrale Rolle: Als Hauptgang trägt er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Rebhuhn auf. Dazu kredenzt er einen ›Marqués de Borba Reserva‹ . Dann leuchten die Augen des João Portugal Ramos - und die der Gäste bald auch. Denn was im Glas dunkelrot funkelt, ist der rare Spitzenwein aus der neuen Kellerei des portugiesischen Star-Önologen. Und das Huhn hat er höchstpersönlich geschossen.

Die schönsten Tage des Jahres sind für den drahtigen 49-jährigen diejenigen, an denen er mit Hunden und Gewehr viele Stunden lang durch die Hügel des Alentejo streifen und ab und zu einen Vogel ins Visier nehmen kann. Seine Hunde wedeln schon beim Wort Rebhuhn freudig mit dem Schwanz, als wollten sie gleich aufbrechen, auch wenn es draussen längst dunkel ist. Und in einem Gang der Villa stehen in einer Glasvitrine, fein säuberlich gepflegt und poliert, 15 kostbar verarbeitete Gewehre. In der stillen Weite dieses Landstrichs, fernab der grossen Städte, haben die Menschen noch ein unverkrampftes Verhältnis zur Jagd: Wer gut essen will, muss jagen. Und Rebhühner gibt es schliesslich genug.

Schon seit 22 Jahren lebt João Portugal Ramos im Alentejo, einer kargen ländlichen Region, die südlich von Lissabon beginnt und bis hinunter zur Algarve reicht. Er stammt aus einer gutbürgerlichen Familie in Lissabon. Sowohl sein Grossvater als auch sein Vater waren Architekten. Er hingegen studierte Landwirtschaft und Weinbau. Zum richtigen Zeitpunkt, wie sich herausstellen sollte: Ende der 70er Jahre, nach dem Sturz der Salazar-Diktatur, herrschte im Land erstmals seit 50 Jahren wieder intellektuelle Aufbruchstimmung. In diesem Geist wuchs eine Generation von Winzern und Weinmachern heran, die den portugiesischen Weinbau revolutionieren würde.

Damals zog es Investoren - und damit auch Önologen - vor allem in die nördlichen Anbaugebiete Dão und Douro. Der Alentejo mit seinen verarmten Dörfern und seinen politisch radikalisierten Landarbeitern lag für die besseren Kreise Lissabons weiter weg als der Mond. Nur João Portugal Ramos ging in den Süden. Warum? ”Es ware eine Bauchentscheidung. Ich habe mich in die Landschaft und die Jagd verliebt. Und der Weinbau war in so katastrophaler Verfassung, dass es nur besser werden konnte“, erinnert er sich. Heute würde man so etwas als antizyklisches Handeln bezeichnen, ein anerkanntes Erfolgsrezept.

Zwischen 1980 und 1997 avancierte João Portugal Ramos zum gefragtesten „Wein-Entwicklungshelfer” des Landes. Seine Beratungsfirma in Estremoz überwachte die Weinberge und die Weinbereitung rund eines Dutzends ambitionierter Kellereien, vorwiegend im Zentrum und im Süden des Landes. Etliche seiner ehemaligen Mitarbeiter sind heute gefragte Önologen. Er selbst gilt als geistiger Vater der sortenreinen, sehr modern vinifizierten Spitzenweine des renommierten Guts Quinta de Pancas. Doch auch der traditionell gekelterte ›Pegos Claros‹ der gleichnamigen Genossenschaft, eine Spezialität aus der einheimischen Periquita-Traube, trägt seine Handschrift. Allein diese beiden Beispiele zeigen: Ein differenziertes Wissen - über das portugiesische Terroir, autochthone und internationale Sorten - erlaubt ihm, ganz unterschiedliche Weine hoher Qualität zu kreieren.

Seit 1997 feilt der Weinmacher nun an seinem ehrgeizigsten Projekt: dem eigenen Gut in Estremoz. Die Weinberge befinden sich rund 600 Meter über dem Meeresspiegel. In dieser Höhe dauert der Reifeprozess länger als auf Seehöhe, so dass sich in den Beeren ein ideales Zucker-Säure-Verhältnis bildet. Zwar klettert das Thermometer im Sommer tagsüber auf 40 Grad Celsius, morgens um sechs Uhr aber ist es kaum wärmer als 15 Grad. Diese Temperaturschwankungen sorgen für aromatische, widerstandsfähige Trauben.

João Portugal Ramos vinifiziert die Ernte von 200 Hektar, davon befinden sich gut 60 Hektar in seinem eigenen Besitz. Vor zwei Jahren ist sein stolzes Wein-Château im typischen Alentejo-Stil, weiss getüncht und mit Ziegeldach, fertig geworden. Auch hier zeigt sich seine komplexe Weinphilosophie, die Elemente der traditionellen portugiesischen Weinbereitung mit modernen Techniken vereint. So stehen mitten in der Kellerei klassische lagares, die er aus Steinen der Region bauen liess. In diesen 10.000 Kilo fassenden Steintrögen wird unter anderem die Maische seines Spitzenweins ›Marques de Borba Reserva‹ täglich zwei Stunden lang mit blossen Füssen gestampft. Im Raum daneben liegen dagegen Hunderte von Barriques aus französischer, amerikanischer, portugiesischer und russischer Eiche. ”Das althergebrachte Stampfen der Maische mit den Füssen verleiht dem Wein eine Konzentration ohne Bitterstoffe, die neuen Barriques sorgen für den Feinschliff”, verrät er.

Und welche Rebsorten sind dem Meister, der sie alle in- und auswendig kennt, die liebsten? „Die portugiesischen”, antwortet João Portugal Ramos ohne Zögern, „der Aragonês - die hiesige Variante des spanischen Tempranillo - und die Trincadeira.” Solche Winzer braucht das Land.

[af]


© Copyright: ARDAU Weinimport GmbH
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der ARDAU Weinimport GmbH