03.12.2005
Notiz zum Wein: Redoma Branco / 2004
Quelle: Welt am Sonntag (DE) - 0/2005

Welt am Sonntag: Goldgelbes Konzentrat mit Volumen

von Dagmar Willich

Das Douro ist sicherlich eine der imposantesten und wildesten Weinlandschaften der Welt. Noch immer ist es eine der entlegensten Gegenden, wo Esel und Maultier auch heute noch die beste Hilfe leisten können und Trauben immer noch über ein oder zwei Kilometer auf dem Rücken zu irgendeinem befahrbaren Weg getragen werden müssen.

Die Pionierleistung der ersten Weinbauern ist auch heute noch kaum vorstellbar. Seitdem man während der Kriege zwischen England und Frankreich einen Ersatz suchte für den französischen Claret, sind die Weine aus Portugal in aller Munde. Bis zu dem Weltruhm, den Portwein heute inne hat, war es jedoch noch ein langer und beschwerlicher Weg.

Für den nackten Eigenkonsum lohnten die arbeitsintensiven Einsätze in dem rauhen, wilden, steilen, schwer zu erschließenden Gelände aus Schiefer und Granit gewiß nicht immer. Dass man mit dieser Mühe und den Entbehrungen aber genau richtig gelegen hat, zeigt uns die fünfte Generation der Familie Niepoort in beeindruckender Art und Weise.

Als man 1842 mit der Portweinproduktion begann, hat sicherlich noch niemand daran gedacht, daß aus diesem Weingut einmal einige der großartigsten trockenen Weine Portugals kommen würden. Doch nach einigen Jahren der Wanderschaft, während dessen Dirk Niepoort mit den besten Weinen der Welt in Berührung kam, war der Wunsch groß selbst einen Weltklasserotwein zu erzeugen. Sein Vater Rolf war von der Idee weniger begeistert und schenkte seine ersten Jahrgänge, die noch im Fass reiften, während der Lese an die Erntehelfer aus.

Diese waren von der Qualität begeistert, doch seinen Vater konnte er damit immer noch nicht überzeugen, aber er ließ ihn gewähren. Heute gehören nicht nur Rotweine zu seinem Repertoire, sondern auch Weißwein der Extraklasse. Hierfür verwendet er nur portugiesische Rebsorten wie Rabigato, Viosinho, Codega.

Durch die alten Rebstöcke mit einem Durchschnittsalter von 60 Jahren bekommt man fast so etwas wie ein goldgelbes Konzentrat ins Glas. Die saftige, frische Nase wirkt fruchtbetont und kraftvoll. Aromen nach Gewürzen, Toast und Vanille werden spürbar. Am Gaumen beeindruckt er mit seiner dichten und voluminösen Struktur, die aber durchaus erfrischend wirkt. Man fühlt sich an Birnen, Äpfel und Limonen erinnert, die aber in die komplexe Textur wunderbar eingebunden sind. Am Gaumen ist er unendlich lang präsent. Man sollte den ›Redoma Branco‹ unbedingt ein bis zwei Stunden vorher dekantieren, bevor er zu einem kräftigen Fischgericht mit vielen Kräutern oder Tagliatelle mit Trüffel den perfekten Partner abgibt. Santé!

Dagmar Willich ist Sommelière in Jacobs Restaurant im Hotel Louis C. Jacob und schreibt alle zwei Wochen in der »Welt«.












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