Immer mehr Winzer neigen dazu, ihre Erzeugnisse mit originellen Namen zu betiteln. Einprägsame Phantasiebezeichnungen sollen den Wein unverwechselbar machen und - im besten Falle - eine Marke schaffen. Das funktionierte noch recht zuverlässig, als „Tignanello“ oder „Sassicaia“ allein auf weiter Flur waren: Solche italienischen Rotweinlegenden werden inzwischen zu gehörigen Preisen gehandelt und haben diese gewiss auch der Namensqualität zu verdanken. Doch dann kamen die Österreicher und mit ihnen die große Mode der Phantasiebezeichnungen. Vor allem die Rotweinerzeuger des Burgenlands und umliegender Anbauregionen tobten sich namenstechnisch aus. In gewisser Weise eine Notlösung, nachdem sie für ihre Spitzenrotweine die verschiedensten Rebsorten miteinander verschnitten hatten. „Admiral“ und „Peccatum“ waren noch die harmloseren Weinnamen, aufs Ganze gingen „Paradigma“ oder „G.m.b.H.“.
Die Mode nahm allmählich überhand, und nachdem der erste Winzer mit solchen Begriffen Erfolg hatte, machten es alle. Nach einer Flasche des tiefdunklen, alkoholstarken „Mephisto“ kann man sich schon teuflisch fühlen, aber auch von „Diabolus“ und „Revolution“ sollte man nicht zu viel konsumieren. Die österreichischen Rotwein-Kraftbolzen schmecken nämlich, wie sie heißen: kraftvoll, üppig, konzentriert und manchmal richtig protzig. Hat da mal jemand behauptet, Namen seien wie Schall und Rauch? Von wegen!
Die Mode der Phantasienamen hat sich inzwischen auch bis Portugal durchgearbeitet. Vielleicht liegt's ja daran, dass Winzer
Dirk van der Niepoort neulich eine Österreicherin geehelicht hat? Jedenfalls nennt sich seine neueste Rotwein-Kreation ganz einfach
›Fabelhaft‹. Offenbar vorwiegend für den deutschsprachigen Markt hergestellt und an Portugals Weintrinker kaum verkäuflich. Die Fabel immerhin entpuppt sich als echtes Geschmacksmärchen. In der Flasche, mit der gezeichneten Hans-Huckebein-Geschichte von Wilhelm Busch geschmückt, lauert ein würziger, saftiger Rotwein mit Schmelz und unverwechselbarem Charakter. Preis-Leistung: fabelhaft!
[af]
