16.03.2004
Notiz zum Weinerzeuger: Niepoort Vinhos
Quelle: Neue Presse (DE) - 3/2004

Zeit zum Reifen geben

Portweine von Dirk van der Niepoort - Weltbürger in Sachen Wein machte in Coburg Station

Da staunte selbst der Fachmann. „Der bringt vielleicht eine Farbe ins Glas!”, lobte Bernd Glauben, Präsident der Sommelier-Union Deutschland und Patron des Coburger Hotels „Goldene Traube”. Das funkelnde Rubinrot rührte von einem Portwein, der den Namen eines Mannes trägt, den manche Genießer schon zu Lebzeiten eine Legende nennen, auch wenn er das nicht gerne hört.

COBURG - Dirk van der Niepoort hatte jüngst in der Vestestadt Station gemacht, um seine weltweit berühmten Portwein sowie seine bislang eher in Kennerkreisen bekannten „normalen” Weine vorzustellen. Zu Gast war ein „Weltbürger” in Sachen Wein, der auf Einladung der Familie Glauben die Lücke zwischen der „ProWein”, der internationalen Fachmesse für Wein und Spirituosen in Düsseldorf, und dem Rheingau-Gourmetfestival zu einem Aufenthalt im „schon sehr schönen Städtchen Coburg” nutzte.
Wer mit Blick auf seinen Namen glaubte, dass der 40-jährige Spross einer alten Portwein-Dynastie in etwa wie Rudi Carell sprechen würde, sah sich getäuscht. Van der Niepoort erklärte seine Weine in fließendem Deutsch, ohne den vertrauten holländischen Akzent. Ja, die Familie sei im Jahr 1847 von den Niederlanden nach Portugal gekommen. Dirk van der Niepoort jedoch ist Portugiese mit perfekten Deutschkenntnissen. 1964 erblickte er in Porto das Licht der Welt. Der Sohn einer deutschen Mutter besuchte die deutsche Schule in Porto und danach eine Wirtschaftsschule in St. Gallen.
Erst während eines Praktikums bei Möwenpick entdeckte er die Weinwelt und begeisterte sich für große Weine. Anschließend praktizierte Dirk ein Jahr lang bei Cuvaison (Kalifornien), bevor er 1987 nach Porto zurückkehrte und an der Seite seines Vaters im Familienunternehmen tätig wurde. Heute ist er sowohl für die wirtschaftliche Führung des Unternehmens als auch für die Produktion verantwortlich.

Dem Wein Zeit zum Reifen geben, im Fass und in der Flasche, lautet das Credo von Dirk van der Niepoort. „Ich bin vom Portwein geprägt, denke und handle auf lange Sicht.” sagt er.
Auf extremen Steillagen im Tal des Douro, die die Steilhänge an Mosel und Rhein wie „kleine Muster” der portugiesischen Landschaft erscheinen lassen, wachsen an viele Jahrzehnte alten Rebstöcken die Trauben für die Niepoortschen Weine. Die Einmaischung der Ernte ist noch reine Fußarbeit wie sie schon zu Zeiten der Römer praktiziert wurde.
„Das Zertreten der Trauben ist für uns keine folkloristische Touristenattraktion”, betonte van der Niepoort. Vielmehr handele es sich um harte Arbeit. Insgesamt acht Stunden werden die Trauben nach festen Regeln getreten. „Die ersten vier Stunden herrscht ein geradezu militärischer Rhythmus.” Möglichst jede Traube gilt es platt zu marschieren. Denn in dieser Zeit soll die Maische im Tretbecken möglichst stark bewegt werden. Die aufwändige Fußarbeit führe am Ende zu einer Maische ohne aggressive Gerbstoffe und somit zu einem weichen, dem Gaumen schmeichelnden Rotwein.
Um Portweine zu erzielen, wird Weinbrand zugesetzt. Dessen Alkoholgehalt stoppt die Gärung, wodurch die Ports ihre fruchtige Süße erhalten. Perfekt passen sie zu Blauschimmelkäse und Schokolade. Der neue „Traube”-Küchenchef Jens Jäckel trug dem mit Variationen vom Stilton-Käse sowie raffinierten Schokolade-Kreationen Rechnung.
Dirk van der Niepoort reiste nach ausgiebigen Gesprächen mit Coburger Wein-und Portweinfreunden noch zu mitternächtlicher Stunde in den Rheingau. Dem innovativen „Weinweltbürger” schien dies jedoch wenig auszumachen. „Was Wein betrifft, bin ich ein Fanatiker im positiven Sinne”, sagte er und machte sich auf zum nächsten Treffpunkt für Genießer und lebende Weinlegenden.


[af]

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